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Die L-Carnitin-Abnehmlüge!


Abnehmen

Sport ist meist sehr mühsam und wenn es mit der Diät nicht so richtig vorangeht, schaut man sich ab und an nach kleinen Hilfsmitteln um, die die Traumfigur vermeintlich schneller erreichen lassen. Eines dieser Nahrungsergänzungsmittel ist Levocarnitin

(L-Carnitin), das nachfolgend etwas genauer unter die Lupe genommen werden soll.

L-Carnitin ist eine körpereigene Substanz, die der Körper aus den Aminosäuren Lysin und Methionin, unter Mitwirkung von Vitamin C, selbst bilden kann. Es erfüllt eine zentrale Funktion im Fettstoffwechsel des menschliche Körpers. Fette bzw. Fettsäuren zählen zu den energiereichsten Makronährstoffen der Nahrung (ca. 9 kcal/g Fett). Um diese Energie nutzen zu können, müssen die Fettsäuren allerdings im Inneren der Mitochondrien gespalten werden. Dieser Vorgang wird auch als ß-Oxidation bezeichnet.

Während kurzkettige Fettsäuren (bis ca. 10 Kohlenstoffatome) die Mitochondrienmembran überwinden können, ist dies größeren Molekülen nicht möglich. Da allerdings der Großteil der aufgenommenen Fette aus Fettsäuren besteht, die aus eben jenen "größeren" Fettsäuren (FS) zusammengesetzt sind, muss es ein System geben, dass die Überführung der FS vom Zellinneren (Cytoplasma) in den Matrixraum der Mitochondrien gewährleistet.

Genau diese Funktion wird über Carnitin erreicht. Dazu werden die langkettigen Fettsäuren (hier als Acyl bezeichnet) an Carnitin gebunden, wobei Acylcarnitin entsteht. Das im Zellinneren (Cytoplasma) gebildete Acylcarnitin kann nun mit Hilfe der Translokase in den Innenraum des Mitochondriums (Matrix) transportiert werden. Im Inneren des Mitochondriums wird das Acylcarnitin wieder gespalten, sodass die Fettsäure frei vorliegt und diese im Rahmen der ß-Oxidation zur Energiegewinnung genutzt werden kann (siehe Abb. 1)[1].

Folglich könnte ist Carnitin nötig, um Energie aus Nahrungsfetten gewinnen zu können.

Abb. 1 Funktion des Carnitins im Fettstoffwechsel, Abbildung nach Stryer (modifiziert)

Die Anzeichen eines Carnitinmangels reichen von leichten Muskelkrämpfen über Fetteinlagerungen in die Leber bzw. Muskeln, sowie erhöhten Blutfettwerten bis zum Tod, wobei ein derartiger Mangel bei sonst körperlich gesunden Menschen äußerst unwahrscheinlich ist [1][2].

Der menschliche Körper synthetisiert täglich ca. 20 mg Carnitin (ausreichende Vitamin C-Aufnahme , ca. 80 mg/d vorausgesetzt). Zudem werden bei einer ausgewogenen Ernährung zusätzlich

30 - 100 mg über die Nahrung (v.a. Fleisch) aufgenommen . Eine ausschließlich vegane Lebensweise liefert dagegen täglich nur 0,9 - 5 mg Carnitin. Ovo-Lacto-Vegetarier nehmen dabei allein schon über handelsübliche Milch 5 mg Carnitin je 100 mL auf [2][3].

Prinzipiell ist ein Carnitinmangel äußerst selten, da ein Großteil des "verbrauchten" Carnitins über die Niere zurückgewonnen wird. Zudem sind knapp 27 g Carnitin in den Muskeln gespeichert.

Dass Carnitin eine zentrale Rolle im Fettstoffwechsel einnimmt, gilt heute als gesichert. Auf Grundlage dieser Tatsache behaupten nun viele mehr oder minder seriöse Vertreiber jener Produkte, dass sich die Fettverbrennung oder Gewichtsabnahme durch die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln auf Carnitin-Basis steigern lässt. Diese Aussage konnte jedoch nicht wissenschaftlich bestätigt werden. Aufgrund des enormen Carnitinüberschusses, der in den Muskeln gespeichert ist, ist die kurzfristige Carnitinzufuhr komplett sinnlos, denn das zugeführte Carnitin wird direkt über den Harn ausgeschieden und führt zu keiner Erhöhung der endogenen Speicher[3][4].

Die Einnahme der Carnitinpräparate ist nur sinnvoll, wenn ein Mangel vorliegt. Eine Steigerung der körpereigenen Speicher lässt sich laut einer Studie erreichen, wenn 24 Wochen lang täglich 4 g Carnitin mit 160 g Zweifachzucker (z.B. Maltose) aufgenommen werden. Gegen diesen Ansatz sprechen jedoch die massive Zuckeraufnahme, ein potentieller Verlust der Insulinsenitivität (Diabetes) und die Gefahr einer Leber- und Nierenschädigung [3][4]

Eine neue Entdeckung rückt das L-Carnitin allerdings wieder in den Fokus der Betrachtung. Demnach kann L-Carnitin vermutlich Zellschäden, die durch oxidativen Stress vermittelt werden verhindern. Dies könnte weiterhin zur unterstützenden Behandlung von Herzinsuffizienz etc. interessant sein. Diesbezüglich sind allerdings noch weitere Forschungsaufwendungen nötig.

Fazit: L-Carnitin ist zwar ein zentraler Bestandteil des Fettstoffwechsels, allerdings ist die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln auf L-Carnitin-Basis, zum Zwecke des schnelleren Gewichtsverlustes sinnlos und belastet nur unnötig den Geldbeutel

[1] Stryer, Biochemie, 6. Auflage, Spektrum, J.M. Berg, J.L. Timoczko, L. Stryer

[2] Sportler in der Apotheke, 2. Auflage, GOVI-Verlag, T. Riedl

[3] Kompendium der Sportmedizin, 2. Auflage, Springer Verlag, M. Wonisch et al.

[4] Carnitine - Effective fat-loss supplement ?, PTQ, V3, Issue 1, D. Klein

[5] Potential Therapeutic Role of L-Carnitine in Skeletal Muscle Oxidative Stress and Atrophy Conditions, Oxidative Medicine and Cellular Longevity (2015), A. Montesano et al.

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